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15.09.2020; 11:43 Uhr
EuGH erstmalig zu sog. Netzneutralität
Privilegierung des Datenverkehrs mit bestimmten Diensten rechtswidrig

Internetanbieter, die bei ihren Datenpaketen den Datenverkehr mit bestimmten Diensten nicht auf den Verbrauch des Kunden anrechnen (sog. "Zero-Rating"), verstoßen gegen das europarechtlich determinierte Prinzip der Netzneutralität. Das hat der EuGH laut einer Pressemitteilung im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens entschieden (C-807/18; C-39/19).

Dem Rechtsstreit liegen zwei Datenpakete zugrunde, die ein ungarisches Unternehmen seinen Kunden für den Internetzugang anbietet. Danach wird der Datenverkehr mit bestimmten privilegierten Diensten nicht auf den Verbrauch des Datenvolumens angerechnet. Darüber hinaus wird der Zugang zu diesen Diensten nach Verbrauch des Datenvolumens für den jeweiligen Kunden auch nicht gedrosselt, wohingegen der übrige Datenverkehr sodann verlangsamt wird. Gegen diese Pakete leitete die zuständige ungarische Aufsichtsbehörde zwei Verfahren ein. Gegen die im Zuge des Verfahrens erlassene Bescheide erhob das Unternehmen Klage. Das ungarische Gericht rief den EuGH im Wege der Vorabentscheidung bezüglich der Auslegung von Art. 3 Abs. 2, 3 der Verordnung 2015/2120 an, in dem der Grundsatz der Netzneutralität Niederschlag gefunden hat.

Der EuGH hat nun entschieden, dass die angebotenen Pakete gegen den Grundsatz der Netzneutralität verstoßen. Laut der Pressemitteilung seien die beiden Tarife geeignet "die Ausübung der Rechte der Endnutzer im Sinne von Art. 3 Abs. 2 der Verordnung auf einem erheblichen Teil des Marktes einzuschränken". Das Angebot sei geeignet, die Nutzung der privilegierten Dienste zu erhöhen und gleichzeitig die Nutzung aller anderen Dienste zu verringern. Ferner sei für die Frage, ob ein Angebot gegen Art. 3 Abs. 3 VO 2015/2120 verstößt oder nicht, keine Bewertung der Auswirkungen der konkreten Maßnahmen erforderlich. Schließlich läge laut EuGH eine Unvereinbarkeit auch deshalb vor, da die unterschiedliche Behandlung nicht auf objektiven Gründen beruhe, sondern allein auf kommerzielle Erwägungen zurückzuführen sei.

 

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