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15.12.2020; 15:12 Uhr
Lüpertz-Fenster darf in Kirche eingebaut werden
LG Hannover hält Eingriff in Urheberrecht des Architekten für gerechtfertigt

Ein vom Künstler Markus Lüpertz entworfenes Kirchenfenster darf in die Marktkirche Hannover eingebaut werden. Das hat das LG Hannover mit Urteil vom gestrigen Tag entschieden (18 O 74/19).

In dem Rechtsstreit streiten der Erbe des 1994 verstorbenen Architekten Dieter Oesterlen, welcher die Marktkirche nach dem 2. Weltkrieg wieder geplant und mit aufgebaut hat, und die dortige Kirchengemeinde um ein Fenster des Künstlers Markus Lüpertz. Dieses sollte bereits anlässlich des 500. Jahrestags der Reformation 2018 in die Kirche eingebaut werden und stellt ein Geschenk des Altkanzlers Gerhard Schröder dar. Das eher dunkel gehaltene Fenster zeigt Martin Luther und fünf Fliegen und soll das bisherige Fenster an dieser Stelle, welches eher hell und schlicht ist, ersetzen. Der Erbe des Architekten sieht in dieser Veränderung des Innenraums eine nicht mehr hinnehmbare Einwirkung auf das Werk Oesterlens und klagte deshalb gegen den Einbau.

Dieser Argumentation ist das LG Hannover jedoch nicht gefolgt. Zwar sei in dem geplanten Einbau des Fensters ein Eingriff in das Urheberrecht des Architekten zu sehen, jedoch sei dieser unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles gerechtfertigt. Bei dieser Abwägung sei dem Interesse des Architekten als Urheber auch aufgrund des erfolgten Zeitablaufs "ein wenigstens durchschnittliches Gewicht beizumessen". Im Gegensatz dazu sei dem Interesse der Kirchengemeinde als Eigentümerin ein hohes Gewicht zuzusprechen. Dies könne, so die Richter, maßgeblich darauf gestützt werden, dass es sich bei der Kirche einerseits um einen Gebrauchsgegenstand handele und hinter dem Umbau andererseits auch liturgische Erwägungen stünden. Deshalb müsse das Urheberrecht des Architekten hinter die Interessen der Eigentümerin am Umbau zurücktreten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

In einem ähnlichen Fall hatte bereits das LG Berlin im Juli den Umbau einer dortigen Kirche gestattet (vgl. Meldung vom 14. Juli 2020).

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