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19.11.2002; 18:32 Uhr
Kein Schmerzensgeld für "Bild"-Chefredakteur wegen Penis-Satire
Berliner "taz" darf frei erfundenen Bericht aber nicht mehr abdrucken

Die Berliner "taz" muss wegen eines frei erfundenen Berichts über eine angeblich missglückte Penisverlängerung von "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann kein Schmerzensgeld an den 38jährigen zahlen. Das entschied nach Angaben einer Sprecherin Diekmanns am 19.11.2002 das Landgericht Berlin (LG). Stattgegeben wurde allerdings dem Antrag, der Zeitung den nochmaligen Abdruck der umstrittenen Satire zu untersagen. Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Die Reaktionen auf die Entscheidung fielen erwartungsgemäß unterschiedlich aus. Während sich die "taz" zufrieden zeigte, kündigte Diekmann an, er werde bei Vorliegen der Urteilsgründe entscheiden, ob er gegen die Entscheidung Rechtsmittel einlege oder nicht.

Die "taz" hatte am 8.5.2002 in der Satire-Rubrik "Wahrheit" einen frei erfundenen Bericht des Schriftstellers Gerhard Henschel veröffentlicht. Henschel schrieb unter der Überschrift "Sex-Schock! Penis kaputt?" über angebliche Gerüchte, der "Bild"-Chefredakteur habe sich in einer Spezialklinik in Miami einer missglückten Penisverlängerung unterzogen. Diekmann verklagte die Zeitung daraufhin wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts auf ein Schmerzensgeld von 30.000 Euro und begründete das damit, er sei durch den Bericht "tief getroffen und verletzt". Die "taz" verteidigte sich damit, sie habe die "Bild"-Zeitung entlarven wollen, die genüsslich private und intime Details öffentlich durch den Dreck ziehe.

Nach Eingang der Klage legte die "taz" sogar noch nach. Ihr Redakteur Michael Ringel erklärte noch am 16.11.2002 in einem Gespräch mit der eigenen Zeitung, wer den ganzen Tag "die Unterhosen fremder Menschen aus dem Fenster hängt, der sollte mal spüren, wie das ist, wenn die eigene Unterhose im Wind flattert". Diekmann habe die "Bild" in den vergangenen Jahren zu einer "Blut-und-Sperma-Schleuder" gemacht, die ihresgleichen suche. Eine Argumentation, die offensichtlich auch das Berliner Landgericht nicht ganz unbeeindruckt ließ. Die Richter deuteten in der mündlichen Verhandlung an, wer selbst nicht immer vorsichtig mit den Persönlichkeitsrechten anderer Menschen umgehe, müsse auch mehr Beeinträchtigungen hinnehmen, wenn er selbst Gegenstand der Berichterstattung werde.

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[IUM/jz]

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