Belgisches Berufungsgericht entscheidet: Zugangssperre zu The Pirate Bay
Das Berufungsgericht in Antwerpen hat vorgestern in einem Urteil der Belgian Anti-Piracy Federation (BAF) Recht gegeben. Die Internetprovider Belgacom und Telenet müssen nun innerhalb der nächsten 14 Tage ihren Kunden den Zugang zu insgesamt 11 URL’s von »Pirate Bay« sperren. Andernfalls drohen hohe Bußgelder. The Pirate Bay fordert nach Berichten von »Futurezone« unterdessen seine belgischen Nutzer auf, den DNS-Server zu wechseln, VPN oder OpenDNS zu verwenden und verlinkt Anleitungen, wie man diesen Wechsel durchführt.
Im vergangenen Jahr hat das Antwerpener Handelsgericht, wie »unwachtched.org« berichtete, noch zu Gunsten der beiden belgischen Provider entschieden und die Forderung der BAF nach Sperrung rechtswidriger Webseiten als »unverhältnismäßige« Maßnahme abgelehnt. Das Gericht folgte damals der Argumentation der Internetprovider. Sie seien lediglich technische Betreiber und hätten nicht die Kapazitäten um beurteilen zu können, welche Webseiten rechtswidrig sind und gesperrt werden sollen. The Pirate Bay speichert lediglich die Torrent-Dateien, nicht die Inhalte selbst, stellt also nur den Kontakt der »Peers« zueinander her. In den Torrent-Dateien sind jedoch unter anderem die IP-Adressen und Dateinamen gespeichert.
Das Berufungsgericht Antwerpen verpflichtet die Provider nun zu einer Sperre auf der Ebene der so genannten Name-Server, wie »Spiegel Online« berichtet. Bei DNS-Sperren leitet der Provider Domainabfragen seiner Kunden, die eigentlich auf die gesperrte Seite führen würde, auf eine IP-Adresse um, hinter der sich nur noch eine Webseite mit Sperrnachricht befindet. Diese Sperre kann jedoch vom Nutzer recht einfach umgangen werden. Dieses Argument der schwachen Effektivität von Websperren kam auch in der hiesigen Debatte um das Sperren von kinderpornografischen Seiten zum Tragen (zur Einigung der Koalition auf eine Löschung dieser Inhalte vgl. Meldung vom 6. April 2011). Eine Verpflichtung der Provider, zu überwachen, ob ihre Kunden die Sperren umgehen, hat das Berufungsgericht in Antwerpen nicht ausgesprochen.
Die belgische Bürgerrechtsorganisation NURPA kritisiert die Entscheidung des Berufungsgerichts als »Präzedenzfall für Zensur«. Die Sperre sei ineffizient, bedrohe die Freiheitsrechte und sei unverhältnismäßig, da die Blockade auch Inhalte treffe, die keine Urheberrechte verletzen. Die NURPA beruft sich auf EuGH-Generalanwalt Villalón, der in seinen Schlussanträgen im Rechtsstreit der Verwertungsgesellschaft SABAM gegen einen belgischen Provider zu den EU-rechtlichen Voraussetzungen von Filter- und Sperrsystemen gegen Filesharing Stellung genommen hat (vgl. Meldung vom 15. April 2011). Die mit einem Filter- und Sperrsystem einhergehenden Eingriffe in Art. 7 (Kommunikationsfreiheit), Art. 8 (Schutz personenbezogener Daten) und Art. 11 (Informationsfreiheit) EU-Grundrechtecharta können danach nur auf Grundlage eines zugänglichen, klaren und vorhersehbaren Gesetzes vorgenommen werden, was in Belgien nicht der Fall sei.
Dokumente:
- Meldung auf futurezone.at vom 4. Oktober 2011
- Meldung auf unwatched.org vom 19. Juli 2010
- Meldung auf Spiegel Online vom 4. Oktober 2011
- Pressemitteilung der NURPA vom 4. Oktober 2011
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