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23.04.2012; 12:27 Uhr
Nach dem »YouTube-Urteil«: Gefühlter Sieg auf beiden Seiten
Wiederaufnahme ernsthafter Verhandlungen

Nach dem Urteil des LG Hamburg vom vergangenen Freitag (Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD folgt) in dem Rechtsstreit zwischen der GEMA und YouTube (vgl. Meldungen vom 17. Februar 2012, 30. August 2010 und 10. Mai 2010) sehen sich beide Parteien als Gewinner. So erklärte Harald Heker, Vorstandsvorsitzender der GEMA nach der Urteilsverkündung: »Unser primäres Ziel, die grundsätzliche Haftung von YouTube für Nutzervideos gerichtlich bestätigt zu bekommen, haben wir voll erreicht«. Es stelle einen wichtigen Erfolg für die GEMA dar, dass YouTube nun zumutbare Maßnahmen zum Schutz des GEMA-Repertoires ergreifen müsse. Auch Google kommentierte die Entscheidung Onlineberichten zufolge als »wichtigen Teilerfolg für Nutzer und für Musikschaffende«. Der Branchenverband Bitkom bezeichnete das Urteil in erster Reaktion »als Teilsieg für YouTube und sein Geschäftsmodell«, meldet die »Berliner Morgenpost«. »Das Hamburger Urteil ist in einem wesentlichen Punkt ein gutes Signal für die Internetwirtschaft. Es macht klar, dass YouTube nicht als Inhalteanbieter, sondern als so genannter Hostprovider einzustufen ist«, so Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder.

Nach der »Financial Times Deutschland« sind beide Seiten »mit Schrammen aus dem Verfahren gegangen«. Das Hamburger Urteil sei ein »Mini-Sieg für das Urheberrecht« und eine gute Chance, beide Parteien an den Verhandlungstisch zurückzuführen. In diese Richtung weist auch die Erklärung von GEMA-Chef Heker gegenüber dem »Spiegel«: »Wir wollen YouTube nicht verklagen, wir wollen einen Vertrag. (...) Dieses Verfahren ist ganz bewusst ein Musterverfahren. Die Titel waren zufällig gewählt. Unsere Hoffnung ist, dass YouTube mit uns jetzt wieder ernsthaft verhandelt.« Entweder müsse YouTube den Urheberrechtsschutz gewährleisten oder einen »sauberen Vertrag« schließen, so Heker weiter. »Wenn YouTube diese Schutzmaßnahmen treffen kann, ist das die eine Möglichkeit. Wenn das nicht geht, wäre eine Einigung mit uns als GEMA wohl die notwendige Konsequenz.« Wie »Reuters« meldet, zeigt sich auch YouTube-Mutter Google verhandlunsgbereit, »im Sinne der gesamten Musikindustrie eine Lösung zu finden«.

Das Landgericht Hamburg entschied am 20. April 2012 zugunsten der GEMA, dass das Videoportal YouTube sieben der zwölf streitgegenständlichen Musikwerke von seiner Plattform entfernen muss. Es folgte bei seiner Entscheidung jedoch nicht der Argumentation der GEMA, YouTube hafte als »Täter« für die Urheberrechtsverletzungen, sondern nahm, wie sich bereits im Rahmen der Verhandlung im Februar abzeichnete, die so genannte »Störerhaftung« an. YouTube habe sich die Inhalte der von den Nutzern hochgeladenen Videos nicht zu eigen macht, so das Gericht. Allerdings habe YouTube durch das Bereitstellen und den Betrieb der Videoplattform einen Beitrag zu den Rechtsverletzungen geleistet, aufgrund dessen die Videoplattform Verhaltens- und Kontrollpflichten träfen. Diese habe YouTube jedenfalls bei den sieben der zwölf streitgegenständlichen Videos verletzt, da diese trotz Benachrichtigung über die Urheberrechtsverletzungen erst gut eineinhalb Monate später gesperrt wurden. Ab Kenntnis von konkreten Rechtsverletzungen treffe YouTube die Pflicht, dass betroffene Video unverzüglich zu sperren und in zumutbarem Rahmen geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um wiederholte Uploads zu verhindern. Hierfür müsse YouTube insbesondere die eigens entwickelte Filtersoftware »Content-ID« selbst anwenden und könne dies nicht den Rechteinhabern überlassen. Darüber hinaus, so das Gericht, müsse YouTube einen Wortfilter installieren, um die Anzahl der von »Content-ID« nicht erfassten Rechtsverletzungen zu reduzieren. Im Hinblick auf die restlichen fünf der zwölf streitgegenständlichen Musikvideos konnte das LG Hamburg nicht eindeutig feststellen, ob es nach dem Hinweis der GEMA zu weiteren Uploads gekommen ist und konnte daher keine die Störerhaftung auslösende weitere kausale Rechtsverletzungen annehmen. 

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