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ZWEITER ABSCHNITT
Übergangsbestimmungen

(Anm.: Entspricht §§ 129 ff. der endgültigen Gesetzesfassung.)

Zu § 139 - Werke

Der in Absatz 1 enthaltene Grundsatz, daß die neuen Vorschriften auch für bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes geschaffene urheberrechtlich geschützte Werke Anwendung finden sollen, entspricht der Regelung der geltenden Urheberrechtsgesetze (§ 62 Satz 1 LUG, § 53 Abs. 1 Satz 1 KUG). Die Regelung, die nach Satz 2 auch für die verwandten Schutzrechte gilt, ist im Interesse der Rechtsvereinfachung geboten, weil andernfalls jahrzehntelang zwei Urheberrechtsordnungen nebeneinander bestehen würden. Soweit sich aus der vorgeschlagenen Regelung Unbilligkeiten ergeben können, sind in § 139 Abs. 2 und §§ 140 bis 146 Übergangsbestimmungen vorgesehen.

Absatz 2 trifft eine Sonderregelung für Werke, die nach Ablauf von 50 Jahren nach dem Tode des Urhebers veröffentlicht worden sind. Nach geltendem Recht genießen an einem solchen Werk die Erben des Urhebers noch für zehn Jahre nach der Veröffentlichung vollen Urheberrechtsschutz. Der Entwurf gewährt statt dessen demjenigen, der das Werk erscheinen läßt, ein zehnjähriges ausschließliches Verwertungsrecht am Werk (vgl. § 81). Für den Fall, daß das Werk vor Inkrafttreten dieses Gesetzes veröffentlicht worden ist, erscheint es angemessen, es bei der Regelung des geltenden Rechts, d. h. bei dem zehnjährigen Urheberrechtsschutz zugunsten der Erben des Urhebers zu belassen, da sich die Erben auf diesen Schutz eingestellt haben.

Zu § 140 - Übersetzungen

Nach § 62 Satz 2 LUG können Übersetzungen, sonstige Bearbeitungen und für den Schulgebrauch bestimmte Sammlungen, die vor Inkrafttreten des LUG am 1. Januar 1902 erlaubterweise ganz oder zum Teil erschienen sind, weiterhin von dem Bearbeiter vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich vorgeführt werden. § 140 erhält diese Regelung aufrecht, soweit es sich um Übersetzungen handelt. In den anderen Fällen erscheint die Leistung des Bearbeiters nicht so schutzwürdig, daß die Verwertung der Bearbeitung oder Sammlung für alle Zukunft ohne Rücksicht auf die Rechte der Urheber der benutzten Werke gestattet bleiben müßte.

Zu § 141 - Verträge

Absatz 1 sieht vor, daß das neue Gesetz grundsätzlich nicht für Verträge gilt, die vor seinem Inkrafttreten geschlossen sind. Dies erscheint gerechtfertigt, weil die Parteien beim Abschluß dieser Verträge noch von dem bisherigen Rechtszustand ausgegangen sind. Von diesem Grundsatz sind jedoch einige Ausnahmen zu machen:

Die Regelung des Rückrufsrechts wegen gewandelter Überzeugung (§ 42) muß auch für die früher geschlossenen Verträge gelten, weil sie sich auf einen Tatbestand bezieht, der von dem Inhalt des zwischen dem Urheber und dem Verwerter geschlossenen Vertrages unabhängig ist.

Die §§ 43 und 89 sollen gleichfalls auch für die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes geschlossenen Verträge gelten, weil diese Bestimmungen u. a. auch dazu dienen sollen, Streitfragen zu klären, die sich aus der Auslegung der früher geschlossenen Verträge im Hinblick auf die durch das Gesetz neu geschaffenen Rechte ergeben könnten.

Die §§ 40 und 41 sind im Interesse der Urheber gleichfalls auf die früheren Verträge anzuwenden; zur Wahrung der wohlerworbenen Rechte der Nutzungsberechtigten ist vorgesehen, daß die in § 40 Abs. 1 Satz 2 und § 41 Abs. 2 genannten Fristen frühestens mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes beginnen.

Für die Vorschrift in § 36 über die Beteiligung des Urhebers an unerwartet hohen Gewinnen des Verwerters seines Werkes gilt das gleiche wie für das Rückrufsrecht wegen gewandelter Überzeugung. Da jedoch der Verwerter in diesen Fällen bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht mit der Beteiligung zu rechnen brauchte, soll er nur verpflichtet sein, den Urheber an den späteren Gewinnen zu beteiligen. Soweit sich Ansprüche auf eine weitergehende Beteiligung aus anderen gesetzlichen Vorschriften ergeben, sollen diese unberührt bleiben.

Absatz 2 stellt klar, daß die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes getroffenen Verfügungen wirksam bleiben. Zweifel können sich insoweit namentlich bei Verfügungen über Nutzungsrechte an erst künftig bekannt werdenden Nutzungsarten ergeben, die nach der Rechtsprechung bisher zulässig sind, nach § 31 Abs. 4 jedoch in Zukunft ausgeschlossen sein sollen.

Zu § 142 - Tonträger

Absatz 1 erhält unter Berücksichtigung von Artikel 13 Abs. 3 der Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft teilweise die Bestimmung in § 63 a Abs. 1 LUG aufrecht, nach der die vor dem 1. Mal 1909 auf Tonträger übertragenen Werke weiterhin frei auf Tonträger übertragen werden dürfen. Im Gegensatz zu § 63 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz LUG soll es jedoch nach dem Entwurf nicht mehr zulässig sein, die auf diese Weise hergestellten Tonträger auch frei zu öffentlichen Wiedergaben zu benutzen. Nachdem durch Streichung des § 22 a LUG die öffentliche Wiedergabe mit Hilfe von Tonträgern allgemein dem Verbotsrecht des Urhebers unterliegt, würde die Aufrechterhaltung der Wiedergabefreiheit nach § 63 a LUG die einzelnen Veranstalter dazu zwingen, bei jedem Tonträger nachzuprüfen, ob das Werk bereits vor dem 1. Mai 1909 im Inland erlaubterweise auf Tonträger aufgenommen worden ist. Dies würde eine zu große Unsicherheit für den Rechtsverkehr bedeuten.

Absatz 2 nimmt Tonfilme von der in Absatz 1 vorgesehenen Regelung aus um klarzustellen, daß die dort bezeichneten Werke nicht frei zur Herstellung eines Tonfilmes benutzt werden dürfen.

Zu § 143 - Urheber

Der Entwurf weicht hinsichtlich der Regelung der Frage, wer als Urheber eines Werkes anzusehen ist, in mehreren Punkten vom geltenden Recht ab. So ist das Urheberrecht, das nach geltendem Recht juristischen Personen des öffentlichen Rechts sowie Herausgebern oder Verlegern von Sammelwerken zusteht (§§ 3, 4 LUG, §§ 5, 6 KUG), in den Entwurf nicht übernommen. Für diese Fälle bestimmt Satz 1, daß derjenige, der nach den bisherigen Vorschriften als Urheber anzusehen ist, auch weiterhin als Urheber gilt. Ausgenommen ist von dieser Regelung nur das bisherige Urheberrecht am Lichtbild und das bisherige Bearbeiter Urheberrecht des ausübenden Künstlers nach § 2 Abs. 2 LUG (vgl. dazu § 144).

Soweit bisher juristische Personen als Urheber angesehen wurden, passen für die Berechnung der Schutzfristen die neuen, nur auf die Lebenszeit des Urhebers abgestellten Vorschriften nicht. Es soll deshalb nach Satz 2 insoweit bei der alten Schutzdauer verbleiben.

Zu § 144 - Inhaber verwandter Schutzrechte

§ 144 bestimmt entsprechend dem in § 139 Abs. 1 enthaltenen Grundsatz, daß sich der Lichtbildschutz und der Schutz mechanischer Vorrichtungen nach § 2 Abs. 2 LUG auch für vor Inkrafttreten des Gesetzes hergestellte Lichtbilder und Vorrichtungen nach den neuen Vorschriften richtet, d. h. an die Stelle des bisherigen Urheberrechtsschutzes treten nunmehr die insoweit vorgesehenen verwandten Schutzrechte. Eine Aufrechterhaltung des Urheberrechtsschutzes wäre mit dem streng durchgeführten Grundsatz des Entwurfs, daß nur die schöpferische Leistung Urheberrechtsschutz genießen kann, unvereinbar.

Zu § 145 - Vervielfältigung und Verbreitung

Die Absätze 1 und 2 enthalten entsprechend dem geltenden Recht (§ 63 LUG, § 54 KUG) eine Übergangsregelung für den Fall, daß mit einer Vervielfältigung, die nach dem neuen Gesetz unzulässig ist, bisher aber erlaubt war, wie z. B. die Vervielfältigung von Liederbüchern und Anthologien nach § 19 Abs. 1 Nr. 3 und 4 LUG, vor Inkrafttreten des Gesetzes bereits begonnen worden ist. In diesem Falle soll die Vervielfältigung noch nach Inkrafttreten des Gesetzes vollendet werden dürfen und die Verbreitung der rechtmäßig hergestellten Vervielfältigungsstücke frei zulässig sein. Die in § 63 Satz 2 LUG und § 54 Satz 1 KUG vorgesehene weitere Bestimmung, daß vorhandene Vorrichtungen zur Vervielfältigung (wie Formen, Platten, Steine, Druckstöcke, Matrizen) noch 6 Monate bzw. 3 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes benutzt werden dürfen, behält der Entwurf nicht bei. Angesichts der Bedeutung und des Umfangs des neuen Urheberrechtsgesetzes wird es ohnehin notwendig sein, das Gesetz erst nach einer längeren Frist seit seiner Verkündung in Kraft treten zu lassen. Es ist nicht erforderlich, die Weiterbenutzung der vorhandenen Vorrichtungen zur Vervielfältigung darüber hinaus zuzulassen, soweit es sich nicht um die Vollendung einer bereits begonnenen Vervielfältigung nach Absatz 1 handelt.

Als Absatz 3 ist eine Übergangsbestimmung für die Fälle vorgesehen, in denen die bisher frei zulässige Vervielfältigung auch nach dem neuen Gesetz erlaubt, in Zukunft aber vergütungspflichtig ist. In diesen Fällen soll die begonnene Vervielfältigung ohne Zahlung einer Vergütung vollendet werden dürfen. Eine andere Regelung würde zu dem unangemessenen Ergebnis führen, daß beispielsweise für die Vollendung einer begonnen Vervielfältigung von Sammlungen für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch (§ 46) vom Inkrafttreten des Gesetzes an eine Vergütung bezahlt werden müßte, während die begonnene Vervielfältigung einer nach der Regelung des Entwurfs dem Verbotsrecht des Urhebers unterliegenden Anthologie nach Absatz 1 kostenfrei vollendet werden darf.

Zu § 146 - Übertragung von Rechten

Nach bisherigem Recht ist es möglich, die aus dem Urheberrecht fließenden Verwertungsrechte, z. B. das Vervielfältigungsrecht oder das Aufführungsrecht, auf einen Dritten zu übertragen. Der Entwurf läßt eine solche Übertragung nicht mehr zu, sondern sieht nur die Einräumung von Nutzungsrechten vor (§ 31). Absatz 1 Satz 1 stellt klar, daß diese neue Regelung entsprechend dem in § 139 enthaltenen Grundsatz auch für vor Inkrafttreten dieses Gesetzes getroffene Verfügungen über das Urheberrecht gelten soll in der Weise, daß nunmehr an die Stelle der erworbenen Verwertungsrechte die entsprechenden Nutzungsrechte treten.

Die Auslegungsregel in Absatz 1 Satz 2 entspricht dem von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz, daß sich Verfügungen über das Urheberrecht im Zweifel nicht auf neue, zur Zeit des Vertragsabschlusses noch nicht bekannte Werknutzungsarten erstrecken. Es bedarf keiner besonderen Erwähnung, daß die Bestimmung nicht auf Rechte anwendbar ist, die, wie das Senderecht, durch das neue Urheberrechtsgesetz nicht begründet, sondern lediglich bestätigt werden. Nach Absatz 2 soll die vorgesehene Regelung für verwandte Schutzrechte entsprechend gelten.

S. Gesetzeswortlaut des zweiten Abschnitts.