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09.10.2007; 18:00 Uhr
Berufungsurteil über »abstracts« von Perlentaucher für November erwartet
FAZ und SZ wehren sich gegen »Ersetzung ihrer Originalrezensionen« durch Internetanbieter

Voraussichtlich am 13.11.2007 wird das Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG Frankfurt) ergehen, mit dem es über die Klage der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« (FAZ) und der »Süddeutschen Zeitung« (SZ) gegen den Internetanbieter »Perlentaucher«, seine »Rezensionsnotizen« zu verbreiten, entscheiden wird. Die beiden Zeitungen wenden sich damit gegen die Praxis von »Perlentaucher«, Zusammenfassungen (»abstracts«) von Originalrezensionen der Klägerinnen über aktuelle Buchveröffentlichungen gegen Entgelt an Internet-Büchershops weiterzulizenzieren. Diese abstracts seien ihrer Ansicht nach deswegen nicht zulässig, weil sie die Lektüre der Originaltexte ganz oder teilweise ersetzten.

Dem war das Landgericht Frankfurt am Main in erster Instanz nicht gefolgt. Vielmehr lehnte es u. a. eine Verletzung von Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechten mangels 1:1-Dokumentation von Textauszügen ab. Auch handele es sich bei den abstracts der Beklagten um eine zulässige Sekundärnutzung gem. § 12 Abs. 2 UrhG, da der Mitteilungsvorbehalt der Urheber der Buchkritiken aufgrund der mit ihrer Zustimmung erfolgten Erstveröffentlichung in den Zeitungen erloschen sei. Im Umkehrschluss folge daraus, »dass nach Erschöpfung des Mitteilungsvorbehalts jedermann den Inhalt des Werks öffentliche mitteilen oder beschreiben kann, ohne den Urheber fragen zu müssen«, was dann vom Einwilligungsvorbehalt des § 23 UrhG freigestellt sei (siehe Meldung vom 23.11.2006 sowie ZUM 2007, 65, 67). Auch Verletzungen von Markenrechten und in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht verneinte das Gericht. Wie nun aus Gerichtskreisen zu erfahren war, stimmt das OLG Frankfurt nicht in allen Punkten mit der Vorinstanz überein, ohne dass dabei jedoch eine Tendenz zu erkennen sei, zu wessen Gunsten sich die Waagschale neigen wird.

Aktualisierung:

Laut »3sat.de« betonte der Vorsitzende des in der Sache zuständigen Senats jedoch, dass die als Textausschnitte in den Rezensionsnotizen eingefügten »Originalzitate« die urheberrechtliche Schöpfungshöhe erreichten und deswegen auch geschützt seien. Zugleich kündigte er an, die Revision zum Bundesgerichtshof zuzulassen; »Perlentaucher«-Mitbegründer Thierry Chervel zufolge werde daher wohl »dieser exemplarische Fall "höchtwahrscheinlich erst in der nächsten Instanz, der dritten, vor dem Bundesgerichtshof ausgefochten«.

Dokumente:

Institutionen:

Zu diesem Thema:

  • Zulässige Sekundärnutzung urheberrechtlich geschützter Textvorlagen in eigengestalteten Kurzfassungen (sog. abstracts), Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. November 2006 - Az. 2-03 O 172/06 - ZUM 2007, 65-69 (Heft 1)
[IUM/hl]

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