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01.04.2008; 09:03 Uhr
12. RÄStV-Entwurf: Diskussion um Onlinetexte von ARD und ZDF
Schächter spricht von drohendem Maulkorb, VDZ sieht klarere Definition des »Online-Auftrags«

Anlässlich der 41. »Mainzer Tage der Fernsehkritik« betonte der Intendant des ZDF, Markus Schächter, erneut die Bedeutung digitaler Angebote im Internet für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Unter Verweis auf die Konvergenz der Medien, in der Text- und Bewegtbild jeden Tag neue Fusionen eingingen, und geänderter Geschäftsmodelle der Privatsender komme den Öffentlich-Rechtlichen eine wachsende publizistische Bedeutung zu, die sich auch im weltweiten Netz widerspiegeln müsse. Andernfalls würden Fernsehangebote, die nicht mit dem Netz kombinierbar seien, ohne Chance bleiben.

Unter Verweis auf den ersten Entwurf für einen 12. Rundfunkänderungstaatsvertrags, mit dem der mit der Europäischen Kommission vereinbarte sog. »Drei-Stufen-Test« auf Landesebene verankert werden soll, warnte Schächter davor, den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern Textbeiträge im Internet zu verbieten. In seiner Rede sprach er von »großem Entsetzen und heiligem Zorn«, den er empfunden habe bei der Lektüre der im Entwurf enthaltenen Passagen zu den Online-Perspektiven des ZDF, wonach textbasierte Angebote, die über die Anstaltspräsentation hinausgehen, nur sendungsbezogen zulässig sein sollen. Dieser »Maulkorb« gehe weit über die Forderung von Brüssel hinaus, sei mit dem Kompromiss im Beihilfeverfahren nicht vereinbar, widerspreche der Online-Entwicklungsgarantie des Bundesverfassungsgerichts und lasse denjenigen, der »im Jahre 2008 Textbeiträge im Internet verbieten will,« unter Zensurverdacht stehen.

Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) bezeichnete diese Einschätzung des ZDF-Intendanten hingegen als »unsachlich und irreführend«. Seiner Ansicht nach Der erweitere der Staatsvertragsentwurf vielmehr den Online-Auftrag von ARD und ZDF hin zu einer »dritten Säule«, indem sendungsunabhängige Videos und Audiobeiträge zulassen würde und nur im Bereich textbasierter Angebote im Sinne von »elektronischer Presse« eine Beschränkung auf eine Programmbegleitung vornehme. Dies werde durch den Begriff »sendungsbezogen« klarer als bisher formuliert und stehe im Einklang mit der EU-Beihilfeentscheidung. Ins gleiche Horn stieß am 1.4.2008 der Medienexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Hans-Joachim Otto, der die umstrittene Formulierung als eine völlig normale medienpolitische Weichenstellung bezeichnete, die zudem eine europa- und wettbewerbsrechtliche Notwendigkeit darstelle. Darüber hinaus bedürfe es auch angesichts der Vielfalt und der Qualität privat finanzierter Inhalte keines »öffentlich-rechtlichen Internets«.

Nicht mit ausdrücklichem Bezug auf textbasierte Angebote, sondern auf den Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks allgemein hatte bereits der rheinland-pfälzischen Ministerpräsident Kurt Beck zum Abschluss der »Mainzer Tage« darauf verwiesen, dass dieser technikneutral sei und daher auch Public-value-Angebote der Öffentlich-Rechtlichen im Internet als Teil ihrer Kernaufgabe zulasse. Umgekehrt bedeute dies aber auch: Ohne Public value dürfe es kein öffentlich-rechtliches Angebot im Netz geben.

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