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12.11.2008; 17:54 Uhr
Bundestag beschließt BKA-Gesetz
Kritik von Verbänden im Vorfeld der Abstimmung

In seiner 186. Sitzung hat der Bundestag am 12. November 2008 mit einer Mehrheit von 375:168 Stimmen für das umstrittene »Gesetz über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten« (BKA-Gesetz) gestimmt. Im Streitpunkt um die im Gesetz u.a. vorgesehene Online-Durchsuchung hatten sich die Regierungsparteien erst eine Woche zuvor auf ein zweistufiges Verfahren geeinigt, das in erster Stufe die richterliche Anordnung der Durchsuchung und in zweiter Stufe die Prüfung der dadurch gewonnenen Ergebnisse auf kernbereichsrelevante Inhalte durch zwei BKA-Beamte und den unabhängigen Datenschutzbeauftragten des BKA vorsieht (vgl. Meldung vom 6. November 2008). Damit sollen die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Voraussetzungen erfüllt werden. Die Karlsruher Richter hatten im Februar 2008 in einen Urteil zum nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzgesetz hohe Anforderungen an die Rechtfertigung eines Eingriffs in das »Grundrecht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme« geknüpft (BVerfG ZUM 2008, Heft 4, Seite 301). Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, sprach in der Lesung im Bundestag von einer Vorbildfunktion des BKA-Gesetzes gerade für landesrechtliche Regelungen.

Kritik gegen das nun beschlossene Gesetz kam im Vorfeld der Abstimmung im Bundestag neben der Opposition auch von zahlreichen Verbänden. So bezeichnete der Präsident des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM), Prof. August-Wilhelm Scheer die Regelungen des BKA-Gesetzes als »Gummiparagraphen«. Das Gesetz enthalte Fehlentscheidungen und lasse entscheidende Fragen offen. Darüber hinaus werde gerade bei Online-Durchsuchungen die Privatsphäre des Einzelnen nicht in dem vom Verfassungsgericht vorgegebenen Umfang geschützt; es fehle eine Abwägung von Risiken und Nutzen dieser Maßnahmen. Auch sei deren Umfang unklar: Der Staat müsse klarstellen, ob nur Computer Verdächtiger oder etwa auch Server von E-Mail-Anbietern durchsucht werden sollen. In letzterem Fall seien die Maßnahmen ohnehin ineffektiv, da bespielsweise auf ausländische Mail-Provider ausgewichen werden könne.

Der Deutsche Journalisten Verband (DJV) sieht durch die neuen Vorschriften des BKA-Gesetzes die journalistische Arbeit und insbesondere den Schutz von Recherchematerial gefährdet. Neben der Telekommunikationsüberwachung und der Durchsuchung des Computers könne auch die Herausgabe dieser Inhalte erzwungen werden. Dieses Problem betreffe auch die Tätigkeit von Rechtsanwälten und Ärzten, so der Bundesvorsitzende des DJV, Michael Konken, für den diese Ungleichbehandlung gegenüber Strafverteidigern, Priestern und Abgeordneten nicht nachvollziehbar sei.

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