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23.12.2010; 13:02 Uhr
US-amerikanische Kommunikationsaufsicht legt Regeln zur Netzneutralität fest
Verbot der Sperrung und Diskriminierung von legalen Inhalten - bezahlte Priorisierung als Fall der Diskriminierung

Die US-amerikanische Telekommunikationsaufsicht, Federal Communications Commission (FCC), hat am Dienstag eine Order zur Netzneutralität erlassen. Die Behörde sei, wie es in der Begründung heißt, zu dem Schluss gekommen, dass Internet Providern bestimmte Regeln auferlegt werden müssen, um die Offenheit des Netzes zu wahren, welche die treibende Kraft und das Erfolgsrezept des Internet seien. Die FCC teilt mit, dass die neuen Regeln einen Interessenausgleich zwischen Netzbetreibern, Inhalteanbietern und Konsumenten sicherstellen würden. Es geht um Meinungsfreiheit, Innovationsanreize und Angebotsvielfalt. Die Regeln müssen nun noch vom Kongress bestätigt werden.

Sie enthalten nach Angaben der FCC drei Hauptregeln: 1. Transparenzgebot, 2. Sperrungsverbot, 3. Diskriminierungsverbot. Das Sperrungs- und das Diskriminierungsverbot ist beschränkt auf rechtmäßige Angebote. Beim mobilen Internet sollen Provider auch Videotelefonieanwendungen zulassen, die mit den eigenen Produkten konkurrieren. Ein zusätzlicher Vorbehalt der Diskriminierungsregel ist das »reasonable network management«. Dies bedeutet, dass Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Netzwerkstabilität und -sicherheit erlaubt sind. Dies beinhaltet auch, wenn die Kunden dies wünschen, Jugendschutzmaßnahmen. Eine kostenpflichtige Priorisierung von Inhalten stellt jedoch grundsätzlich eine unangmessene Benachteiligung dar. Denn »Paid Priorisation« stellt in den Augen der Kommunikationsaufsicht eine Abkehr von der bisherigen Praxis und damit der Offenheit des Netzes dar.

Einige Republikaner sind nach Berichten von »Spiegel Online« gegen jegliche Form der Netzregulierung und befürchten, dass die neuen Regeln zum Ausbleiben von Investitionen und Innovationen führen und die Verbraucherpreise steigen werden. Die Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation befürchtet sogar, dass die Musikindustrie nun einen Freibrief bekomme, mithilfe der Provider gegen Urheberrechtsverletzungen vorzugehen. Über die Auswirkungen, die von Start-ups befürchtet werden, berichtet »netzpolitik«. Danach seien die Diskriminierungsregeln zu vage und müssten im Einzelfall unter Aufwendung von hohen Kosten mit dem Provider und der FCC ausgefochten werden.

Positiv sieht die »Financial Times Deutschland« die FCC-Anordnung. Die Internet-Regeln seien inzwischen nötig, weil Telekommunikationsunternehmen immer mehr in schnelle Netze investieren müssten, ohne ihre Investitionskosten auf die Profiteure wie Google umlegen zu können. Eine Beschneidung der Netzfreiheit sei daher ebenso geboten, wie die Regulierung des Straßenverkehrs. Letztlich habe der Verbraucher jetzt nur nicht mehr das Recht auf schnellstmögliche und kostenlose Belieferung mit allen Inhalten.

Bei der letzten Anhörung der Enquête-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft« am 4. Oktober 2010 konnte man sich nicht auf eine Lösung für das Thema Kapazitätsengpässe einigen. Die einen sehen jede Priorisierung als Diskriminierung der nicht-priorisierten Inhalte, die anderen halten sie angesichts der sehr unterschiedlichen Datenmengen für geboten und unbedenklich (vgl. Meldung vom 5. Oktober 2010).

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