BGH entscheidet zur Frage der Zulässigkeit elektronischer Leseplätze in Bibliotheken
Bibliotheken dürfen ihren Nutzern Lehrbücher, die sie vorher digitalisiert haben, auch ohne die Einwilligung des Rechtsinhabers an elektronischen Leseplätzen zugänglich machen. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) einer eigenen Pressemitteilung zufolge durch Urteil vom 16. April 2015 (Az.: I ZR 69/11 - Veröffentlichung in der ZUM folgt). Anders als die Vorinstanz sehen die karlsruher Richter außerdem das Ausdrucken und Abspeichern dieser derartig bereitgestellten Werke als zulässig an.
Im Fall geht es um den Rechtsstreit zwischen einem Lehrbuchverlag und der Technischen Universität Darmstadt (TU Darmstadt), die ihren Studenten an elektronischen Leseplätzen erlaubt, die in ihrer Bibliothek befindlichen Bücher ganz oder zum Teil auszudrucken oder auf USB-Sticks zu ziehen. Auf das verlagsseitige Angebot der Nutzung eines entsprechenden E-Books war die Universität nicht eingegangen.
Nach Ansicht des Verlags ist die Ermöglichung von Kopien an elektronischen Leseplätzen von der Schrankenregelung des § 52 b UrhG nicht gedeckt. Der Verlag hatte die Universität vor dem Landgericht Frankfurt am Main (LG Frankfurt) unter anderem auf Unterlassung in Anspruch genommen. Nach § 52 b UrhG ist es zulässig, veröffentlichte Werke aus dem Bestand öffentlich zugänglicher Bibliotheken, die keinen unmittelbar oder mittelbar wirtschaftlichen oder Erwerbszweck verfolgen, ausschließlich in den Räumen der jeweiligen Einrichtung an eigens dafür eingerichteten elektronischen Leseplätzen zur Forschung und für private Studien zugänglich zu machen, soweit dem keine vertraglichen Regelungen entgegenstehen. Das Landgericht hatte in dem Vertragsangebot des Lehrbuchverlags keine vertragliche Regelung im Sinne des § 52 b UrhG gesehen, die der Inanspruchnahme der Schrankenregelung entgegenstehen könnte. Es handele sich lediglich um ein bloßes Vertragsangebot des Rechtsinhabers und keine geltende Regelung. Allerdings erklärten die Richter die Ausdruck- sowie die Speichermöglichkeit für unzulässig (ZUM 2011, 582 - Volltext bei Beck Online).
Der BGH hatte am 19. Oktober 2011 den Antrag auf Sprungrevision der Universität gegen das Urteil des LG Frankfurt zugelassen, da der Rechtsstreit »grundsätzliche Rechtsfragen zur Auslegung von Art. 5 Abs. 3 Buchst. n« der Info-Richtlinie und des auf ihr basierenden § 52 b UrhG aufwerfe (vgl. die Meldung vom 23.11.2011). Das Verfahren hatte der BGH mit Beschluss vom 20. Oktober 2011 ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EUGH) zur Auslegung von Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Info-Richtlinie zur Vorabentscheidung vorgelegt (vgl. Meldung vom 23. September 2012). Der EUGH hat hierüber durch Urteil vom 11. September 2014 entschieden (ZUM 2014, 883 - Volltext bei Beck Online).
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