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07.12.2007; 10:08 Uhr
BGH: Keine Urheberrechtsvergütung auf Drucker
VG Wort spricht von »Ausverkauf des Urheberrechts« und erwägt Verfassungsbeschwerde - BITKOM lobt »Absage an Doppelbelastung von Verbrauchern«

Drucker unterliegen nach bis zum 31.12.2007 geltendem Recht keinem Zahlungsanspruch auf angemessene Vergütung von Urhebern. Dies entschied der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) am 6. Dezember 2007 durch Urteil (Az. I ZR 94/05 - Veröffentlichung in der ZUM folgt).

Die VG Wort hatte als Wahrnehmungsberechtigte der Befugnisse von Wortautoren und Verlegern von dem Unternehmen Hewlett-Packard (HP) gerichtlich auf Auskunft über Art und Anzahl der von HP importierten und vertriebenen Drucker und Plotter sowie auf Feststellung geklagt, dass die Beklagte für jedes Gerät die gem. § 54 a Abs. 1 Satz 1 UrhG vorgesehene Vergütung zu zahlen verpflichtet ist. Die Vorinstanzen hatten der Klage jeweils stattgegeben (siehe Meldungen vom 10.1. und 13.5.2005). Der BGH gab nun der von der Beklagten angestrengten Revision statt, hob das Berufungsurteil auf und wies die Klage ab.

Eine Vergütungspflicht gem. § 54 a Abs. 1 Satz 1 UrhG bestehe zum einen nicht wegen der Vornahme von Vervielfältigungen durch Ablichtungen. Mit einem Drucker könne nicht allein vervielfältigt werden. Dies gelte nach Ansicht des I. Zivilsenats auch dann, wenn Drucker mit anderen Geräten zusammenwirkten. Bei einem Zusammenspiel mit Scanner und PC sei diese Funktionseinheit zwar wie ein herkömmliches Kopiergerät für vergütungspflichtige Kopiervorgänge geeignet. Jedoch folge hier eine Vergütungspflicht nur für Scanner, da diese hier am deutlichsten dazu bestimmt seien, zusammen mit den anderen Geräten wie ein Vervielfältigungsgerät eingesetzt zu werden: »Fast jeder Scanner wird im Rahmen einer solchen Funktionseinheit benutzt, während PC und Drucker häufig auch ohne Scanner zum Einsatz kommen«. Daher komme eine Vergütungspflicht für die übrigen Geräte einer solchen Funktionseinheit nach geltendem Urheberrecht nicht in Betracht, da bislang die gesetzlich gesetzlich vorgesehene Vergütung nicht auf verschiedene Geräte aufgeteilt werden könne oder für Gerätekombinationen mehrfach verlangt werden könnten.

Zum anderen folge eine Vergütungspflicht aber auch nicht durch eine Kombination allein mit einem PC im Wege eines Verfahrens mit der Ablichtung eines Werkstücks ähnlicher Wirkung. Dem stehe entgegen, dass der Urheber digitaler Texte oder Bilder anders als der Autor von Druckwerken häufig mit deren Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch einverstanden sei. Dies zeigten Nutzungsbedingungen von z. B. Online-Datenbanken, bei denen der Ausdruck zum privaten Gebrauch nicht noch einmal gesondert vergütet werden müsse. Im Übrigen dürfe die Rechtsprechung den Anwendungsbereich des § 54 a Abs. 1 Satz 1 UrhG nicht ohne weiteres über den Wortlaut hinaus auf Drucker ausdehnen, da die Kopiergerätevergütung die Gerätehersteller aus Praktikabilitätsgründen in die Haftung miteinbeziehe, obwohl nicht sie selbst Nutzer der urheberrechtlich geschützten Werke seien. Ohne gesetzliche Grundlage könnten Hersteller andere Geräte nicht mit der urheberrechtlichen Vergütung belastet werden.

Ähnlich argumentiert hatte bereits das Oberlandesgericht Düsseldorf in zwei Entscheidungen vom 23.1. und 13.11.2007 (ZUM 2007, 207 und Meldung vom 14.11.2007). VG WORT-Vorstand Ferdinand Melichar kritisierte, dass der BGH nun explizit ein einzelnes Glied aus der Kette der Aufnahmegeräte herausgenommen und speziell für Drucker gegen eine Vergütungspflicht entschieden habe. Nach Vorliegen der Entscheidungsgründe werde man über eine mögliche Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil entscheiden. Zugleich kündigte Melichar, dass das Urteil des BGH Auswirkungen auf das bestehende Vergütungssystem haben werde, »damit Kreative auch weiterhin angemessen für die Nutzung ihrer urheberrechtlich geschützten Werke entlohnt werden«. Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) hingegen zeigte ich zufrieden, dass der BGH dem »fragwürdigen Versuch (der VG Wort), den Verbrauchern in die Tasche zu greifen, eine klare Absage erteilt« habe. Der Käufer zahle bereits für den Scanner und dürfe daher nicht für Leistungen zur Kasse gebeten werden, die er nicht in Anspruch nehme.

Ob dieses Urteil auf die durch den »Zweiten Korb« geänderten Regelungen zur Pauschalvergütung übertragbar ist, bleibt abzuwarten. Der BGH selbst betont in seiner Pressemitteilung wiederholt den Bezug zum geltenden Recht. Melichar verwies in diesem Zusammenhang auf die Gesetzesbegründung zum neu formulierten § 54 UrhG, wonach Geräte auch dann vergütungspflichtig sind, wenn sie sich nur in Verbindung mit anderen Geräten oder sonstigem Zubehör zur Vervielfältigung eignen (BT-Dr. 16/1828, S. 29).

Dokumente:

Institutionen:

Zu diesem Thema:

  • Geräteabgabepflicht für Drucker und Plotter, Urteil des OLG Stuttgart vom 11. Mai 2005, Az. 4 U 20/05, ZUM 2005, 565-567
  • Vergütungsansprüche für Drucker und Plotter, Urteil des LG Stuttgart vom 22. Dezember 2004, Az. 17 O 392/04, ZUM 2005, 249-252
[IUM/hl]

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